bekomme ich immer wieder Anfragen von den Medien. Letztes Mal ging’s um die Kommunalwahlen in der Waadt, heute ging’s anlässlich des in Deutschland gehosteten SVP-Blogs um Polit-Blogs allgemein.
Hier kurz eine ungefähre Zusammenfassung, was ich dazu gesagt habe. Die Polit-Blogger unter uns wissen aufgrund ihrer Erfahrung dazu sicher noch viel mehr zu sagen.
Welche Bedeutung hat ein Blog für Politiker? Muss man das haben, wenn man z.B. gewählt werden will, oder ist das lediglich gut fürs Prestige?
Weder noch. Es ist ein Kommunikationskanal unter vielen. Wegen geringer Schwelle und potentiell grosser Verbreitung (RSS) v.a. für weniger bekannte bzw. Nachwuchs-PolitikerInnen mit kleinem Budget ein beliebter Kanal; die grossen Parteien haben i.d.R. bereits andere, sehr gut funktionierende Kommunikationskanäle.
Wo sehen Sie die Chancen / die Risiken für Politiker-Blogs?
Chancen:
Direktere Kommunikation mit den Wählenden, v.a. auch mit politischen Gegnern
Argumente können ausprobiert werden
Da es momentan Trend ist, vergleichsweise medienwirksam
Kostengünstig
Risiken:
Zeitaufwand ohne Resultat; u.U. geringe Reichweite, da internetbasiert
Wenig Langzeitwirkung, wenn der Blog nach Wahlen / Kampagnen wieder geschlossen wird
Man kann sich als Blog-Newbie unheimlich gut blamieren
Kennen Sie einen guten Politiker-Blog?
Praktisch alle Kampagnen-Blogs sind gleich nach dem Wahlkampf eingegangen. Das sagt wohl alles :-).
Welche Kriterien muss man erfüllen, damit ein Blog gut ist?
Interessante, aktuelle Inhalte
Formal korrekte Sprache; Grammatik und Rechtschreibung müssen stimmen
Internetgerecht schreiben
Regelmässig aktualisieren
Diskussion mit anderen Blogs führen
Reagieren auf Kommentare
Wo liegen die Stolpersteine?
Kurzfristiges Denken
Inkompetenter Umgang mit kritischen Kommentaren
Publikation von Medienmitteilungen als Blog-Beiträge ist Unsinn
Polit-PR-Sprache, die in anderen Medien normal ist, wirkt in Blogs einfach lächerlich
Die SVP führt neue einen Blog als Partei (mit mehreren Autoren). Was halten Sie davon?
Die Autoren sind anonym – das passt nicht zum Blog-Format
Bedient werden soll offenbar die Stammwählerschaft; dafür wären andere Kanäle u.U. besser geeignet
Kommentare werden sehr restriktiv gehandhabt
Die Beiträge wirken wie Medienmitteilungen, nicht wie Blog-Beiträge
Andererseits ist der Blog ja noch jung, kann sich also noch positiv entwickeln
Kommentar-Zensur im SVP-Blog?
Zunächst einmal ist es keine Zensur, dieser Begriff sollte nicht verwässert werden. Es werden einfach Kommentare gelöscht. Und selbstverständlich ist es das Recht des Bloggers, Kommentare zu löschen.
Man muss sich einfach vorher überlegen, welche Botschaft man damit vermittelt. Gerade Anfänger sind sich nicht bewusst, dass das Löschen eines Kommentars eine heikle Angelegenheit ist, weil man damit den Besuchern sagt: Nur wer unserer Meinung ist, wird nicht gelöscht!
Denn wenn der Kommentar erst einmal gelöscht ist, kann man nicht mehr beweisen, dass er tatsächlich rassistisch, sexistisch, beleidigend, ehrverletzend etc. war, und gerät damit in Erklärungsnotstand. Deshalb ist es häufig besser, Kommentare stehen zu lassen; die Besucher sind ja intelligent und können selber zwischen berechtigter Kritik und unfairen Beleidigungen unterscheiden. Damit schafft man Vertrauen, und die destruktiven Kommentatoren disqualifizieren sich gleich selbst – öffentlich und für alle Zeiten nachlesbar.
Welche Tipps können Sie den Politikern geben, die Bloggen wollen?
Die persönliche Stimme ist wichtig; ein Blog ist nicht Zweitverwertung für Vorträge, Medienmitteilungen oder Flyer. Es geht um die AutorInnen und das, was sie zu sagen haben. Wenn sie etwas zu sagen haben.
Ausserdem muss ein Konzept bestehen. Bei persönlichen Blogs entwickelt sich das “Konzept” im Laufe der Zeit von selbst, aber bei politischen Blogs sollte es von Anfang an klar sein: Wie wird der Blog in den anderen Medien beworben? Was ist das Ziel? Ist es ein kurzfristiger Kampagnenblog (Wahlen, Abstimmungen) oder ein langfristiger Image-Blog; will man den Wählerpuls fühlen; will man die Argumente der Gegner ausforschen? Wer sind die Autoren, wie oft wird publiziert? Wie wird auf Kommentare reagiert? etc.; blogversierte Politpromotoren wissen da sicher mehr als ich.
Empfehlenswert sind immer auch Testläufe, Beiträge die nicht oder nur intern publiziert werden, damit man ein Gefühl für das Medium bekommt.
5 Comments
naja, das mit der Rechtschreibung und der Grammatik beweist ja leu und ich, das man da auch beide augen zu machen darf
@Sandra-Lia, hier geht’s ja nicht um private Blogs, sondern um Polit-Blogs; da darf man die Latte ruhig etwas höher anlegen.
ach, ich bin doch Politisch.. insbesondere.. gegen Schweine-Vertretungs-Partei… Eh.. sorry, Schweizerische-Volksverkaufs-Pöbelpartei.. ah, noch mal falsch.. ehm, was heisst jetzt SVP schon wieder? Soziale-Verarschungs-Partei war doch dass.. hmm.. ich weiss es nicht mehr.. *lach*
hmm.
“Ausserdem muss ein Konzept bestehen…”
Grosso modo ja – aber was heisst schon Konzept? Wie wenn es nicht auch politisch verschiedene Flügel in dieser Partei gäbe.
“Die Beiträge wirken wie Medienmitteilungen, nicht wie Blog-Beiträge.”
Hier ist ja nun so etwas wie ein Konzept… Soll man Spontanäität vorspielen?
“Es werden einfach Kommentare gelöscht.”
Ich sehe dort auch durchaus kritische Kommentare.
“ach, ich bin doch Politisch”
Sind wir immer alle, wenn wir uns äussern (sogar wenn wir uns nicht äussern). Selbst dann, wenn wir nur hmmm schreiben.
Insgesamt ist das SVP-Blog eine Bereicherung dieser so narzisstischen Privat-Tagebuch-Blogger-Szene. Endlich was Ernsthaftes und Erwachsenes. Die politische Konkurrenz steht unter Zugzwang. Höchst spannend auch, wie sich das Blog selbst weiterentwickeln wird. Ich bin dort Dauerleser.
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