Weblogs erobern die Welt… aber Moment mal, muss man das selber tun, oder darf man auch Blogs ignorieren und bloglos glücklich werden? (.smi und .mp3)
(Zwischenbemerkung: Natürlich darf man das. Es wird ja niemand gezwungen, einen Blog zu führen oder zu lesen. Oder? Ich z.B. könnte jederzeit aufhören.)
Mit dieser rhetorische Frage ist der Kurs natürlich schon vorgegeben. Da wird wieder einmal ein (bestimmt ganz zufällig ausgewählter!) Beitrag als typisches Beispiel für Weblogs an und für sich vorgelesen, in ironischem Ton versteht sich, um uns zu beweisen, dass Blogs nur Hobby-Poesiealben und ganz bestimmt kein journalistisch hochwertiges Massenmedium sind.
Und ein Medienwissenschaftler muss hinhalten und brav die richtigen Antworten auf Suggestivfragen geben bzw. sich gefallen lassen, dass seine Antworten von der Moderatorin so verpackt werden, dass sie das, was sie ohnehin sagen wollte, bestätigen, um dem ganzen Abrotzen einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben.
Aus der Tatsache, dass die Weltwoche-Weblogs nicht alle so gut laufen, wird dann geschlossen, dass Weblogs den Medien nicht gefährlich werden können. Aha.
Ja, irgendwie sind die Achziger ohne Handys und Blogs eben schon goldig gewesen.
Und jetzt folgt die obligatorische Aufklärung-für-Schurnalisten-die-über-Sachen-abrotzen-die-sie-nicht-verstehen. Ich hab das schon so oft gemacht, aber einmal mehr ist sicher erlaubt :-). Hier also kurz sieben Bemerkungen:
- Nicht jeder Weblog hat journalistischen Anspruch und sollte deshalb auch nicht daran gemessen werden.
- Es ist ohnehin nicht (nur) die journalistische Qualität, die über Massenwirkung bzw. Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Wie man ja an obigem Radiobeitrag ja sehen kann (hähä. Dieser Seitenhieb musste einfach sein, ihr verzeiht mir. Insgesamt sollte man vielleicht diesen Radiobeitrag nicht so ernst nehmen, war ja nur ein Pausenfüller zwischen zwei Musikstücken. Die Profi-Journalisten dürfen ja auch mal ihre schwache Minute haben. BBC-Qualität war’s jedenfalls nicht. Wobei auch BBS abgegeben hat. Aber ich schweife ab.)
- Die Möglichkeit an sich, in Weblogs persönlich und ohne Angst über das schreiben zu dürfen, was man will, ist etwas Besonderes und allein deshalb schätzenswert. In vielen Ländern ist sowas überhaupt nicht möglich.
-
Diese
Hobby-Poesielaben
sind eine Industrie, in der Millionen umgesetzt werden. - Blogs nur deshalb in die Pfanne zu hauen, weil man sie als Hype ansieht, ist -sorry- hinterwäldlerisch. Wobei ich ehrlich gesagt nicht gecheckt habe, was jetzt eigentlich Weblogs mit Handys gemeinsam haben. War der Radiomoderatorin vermutlich auch nicht so klar.
- Wobei hinterwäldlerisch rein metaphorisch gemeint ist. Es gibt sicher sehr viele gute Radiostationen, die irgendwo hinter einem Wald senden und nicht mal eben in der Mittagspause über vermutete Hypes abrotzen, weil’s halt so cool ist, über etwas abzurotzen, was man als Hype wahrnimmt, aber irgendwie nicht so versteht, und darum bedrohlich findet, und jetzt ist dieser Satz wirklich lang genug und hat sicher ein halbes Dutzend Kommas zuviel, ausserdem hab ich das mit dem Hype im vorherigen Punkt schon angesprochen, so ist das halt in Hobby-Poesiealben, gewöhnt euch dran. Und es gibt auch hinterwäldlerische Blogger (Anwesende selbstredend immer ausgenommen!)
Mist, jetzt waren’s doch nur sechs Bemerkungen. Kann mir jemand eine siebte liefern?
Nachtrag 1: Dank Chregu jetzt auch als .mp3, http://blog.bitflux.ch/files/drs3-blog-off.mp3.
Nachtrag 2: Originellerweise hat DRS selber zwei Blogs: SR DRS und den DRS2 Wissenblog. Hab ich natürlich gleich beide bei mir aufgenommen. Strafe muss sein :-).
via
.mp3 und DRS-Blogs via
28 Comments
Hö, was habe die über mein Beitrag gesagt? Habe hier leider kein Realplayer…
“… aber eigentlech isch en Weblog nur es regelmässig gfüehrts Tagebuech.”
(Dein Beitrag, in ironischem Ton vorgelesen)
“Eso tönts uf em Weblog Purzlbaum. Hobby-Poesie in Tagebuechform als Mittel zur Sälbschtdarstellg, das sind Weblogs, aber nöd meh und nöd weniger. Aber sicher keis Massemedum, säit der Mediewüsseschaftler Mirko Marr…”
Alles kam in recht herablassendem Tonfall.
Ã?”brigens hab ich den Medienwissenschaftler schnell angemailt, ob er mir seine Zahlen zur Weblog-Nutzung in der Schweiz zustellt.
Aber Hallo, schreibe ich so sch*e?
ich muss dazu mal einen comic zeichnen. mir scheint es, dass wenn medien (e.g. weltwoche) keinen erfolg mit ihrem weblogs haben, anschliessend einfach darüber hergezogen wird. kein wunder! die weltwoche blogs waren ja ziemlich mager mit neuen Artikeln gefüttert worden.
Aber so ein cooler, dass nachher Botschaften abgefackelt werden… Nur welche?
Claudio: Hier gibt’s es als mp3: http://blog.bitflux.ch/files/drs3-blog-off.mp3 :)
@Claudio, du schreibst überhaupt nicht scheisse. Die Schurnalisten wollen einfach nicht verstehen, dass nicht alles so geschrieben sein muss, wie sie es gewohnt sind, und trotzdem für sehr viele Menschen lesenswert ist.
Die würden noch “Die Räuber” von Schiller verdammen, wenn die als Blog publiziert würden, weil darin keine tagesaktuellen weltrelevanten News drin stehen.
@bytezh, die Medien ziehen seit Jahren über “uns” her, und “wir” über die Medien – das gehört einfach zum Spiel. Es gäbe ja weissgott bei Blogs genug zu kritisieren, nur finden die Medien mangels Einblick in die Blogosphäre diejenigen Punkte nicht, die wirklich kritikwürdig wären und halten sich deshalb mit Oberflächlichkeiten auf. Was für “uns” natürlich unterhaltsam ist :-).
Der jetzt eingestellte Engeler-Blog bei der Weltwoche war ohnehin nur Zweitverwertung seiner Artikel; sowas kann nicht funktionieren. Das macht der Fussballblog sehr, sehr viel besser. Die haben von Anfang an einfach respektlos losgelegt und mit mehreren Kunstfiguren auch eine lebhafte “Diskussion” in den Kommentaren erzeugt. Das ist einfach saugute Unterhaltung. Auch andere Medien-Blogs sind äusserst lesenswert, z.B. in DE Indiskretion Ehrensache. Es kommt halt einfach drauf an, ob der Medien-Blog ein gutes Konzept hat und das dann auch sauber durchzieht.
Ha, dieser Reto Widmer hatte mir am 7.2. ein Mail geschrieben und mich um meine Telefonnummer gebeten, weil er, wie er schrieb “gern einen Beitrag zum Thema Weblogs machen [würde] und vielleicht kannst du mir mal schildern, was dich daran so fasziniert, wieso du das tust etc.”.
Die Nummer hat er bekommen, aber gehört habe ich nichts mehr von ihm.
Allerdings bin ich darüber, nach dem Anhören des Audiofiles, auch nicht unglücklich…
Findi guet! Blogoff! Blogout! DRS3out!
Ach ja und nochwas… Wikis sind doch auch im Trend. Warum geht Radio DRS Trends nach? Widersprüchlich…
@Paperholic:
Ich schreib einen Metablog. Ich darf das.
@Claudio:
Weil halt sowohl Trendhypen als auch Trendhassen die gewünschte Einschaltquote bringt.
Ã?”brigens musste ich erst mal nachschauen, was du mit Wiki meinst – die haben tatsächlich auch eins: http://wiki.drs.ch/ . Gute Idee, finde ich.
Vermutlich gibt auch ein einzelner Beitrag einiger blogfeindlicher ModeratorInnen nicht unbedingt die Meinung des ganzen Senders wieder.
Ins Wiki könnte man doch etwas schönes über Blogs schreiben nicht?
super beitrag von drs3. ne wirklich, weil wie heissts so schön: “Totgeglaubte leben länger!” und DASS weblogs einfluss auf die medien nehmen wär somit auch wiedermal einwandfrei bestätigt.
Gute Idee! Lass dir etwas “gescheites” einfallen.
Wäre es nicht cooler, wenn alle daran mitarbeiten? So zu sagen ein Gemeinschaftswerk, das zeigt, wie wir “zusammenhalten” und zusammen funktionieren können?
@claudio und markus:
Das Thema des Wikis ist die Geschichte des Radios in der Schweiz. Welchen Beitrag haben Weblogs zur Geschichte des Radios in den letzten hundert Jahren geleistet? Keinen wesentlichen, das muss ich trotz aller Liebe zu Blogs einfach mal feststellen. Darum sehe ich nicht so recht, wo Du den reinpassen würdest.
Und ich möchte euch keineswegs Wiki-Vandalismus unterstellen. Aber nur für den Fall, dass sich jemand in dieser negativen Richtung betätigen wollte: Lasst es bleiben, sowas ist bescheuert. Schreibt lieber einen eigenen Blogbeitrag :-).
Noch einen?:D
The more the merrier, wie der Lateiner sagt :-).
@Matthias 14
Du dürftest es auch, auch wenn du keinen METAblog auch betreiben würdest.
@Matthias: ich verstehe kein Latein…:)
Immer diese Fremdwörter… ;-)
A propos… Blog wäre auch eines… Aber dieses Wort verstehe ich komischerweise…:D
@Aspekt Medienberichte über das Blogwesen:
Man kann, darf, soll Artikel, Berichte, Reportagen der etablierten Medien über das Bloggen kritisieren…
…man soll sich dann aber auch hinterfragen: Was könnte allenfalls berechtigt sein an der Fremdkritik? Denn: auf diese Kritik mit Pauschalabwehr zu reagieren, heisst nichts anderes, als die Flinte ins Korn werfen. Verdrängung ist der Anfang vom Ende – darum: in qualitativer Hinsicht hat der Weblog-Journalismus bisher wenig bis nichts gebracht. Als so genannte Medien-Macht hat er weitgehend nur reaktiv und destruktiv gewirkt. Da liessen sich viele Etablierte auch an der Nase packen und herumführen, sprich: verunsichern.
Ich glaube, dass – was Weblogs betrifft – immer mehr Leute zum nüchternen Blick zurückfinden: Ja, Weblogs sind entweder halbluscher (Spammer, Marketers usw.) oder – 90% vom Rest – Poesiealben. Die richtige Einstellung der etablierten Medien wäre IMHO: man sollte diese Poetinnen und Poeten väterlich-mütterlich hätscheln, loben, mitlachen über die Witze… SpOn hat das langsam begriffen (im Unterschied zur NZZ).
Unter diesem Gesichtspunkt war die zur Diskussion gestellte Berichterstattung tatsächlich ein weiterer Schuss in den etablierten Ofen.
Das DRS Wissensblog kannte ich nicht, das andere habe ich grad vorher in die Blogliste aufgenommen. :)
Meine Trackbacks funktionieren nicht richtig (muss das mal überarbeiten), drum hier manuell: Hab auch darüber geschrieben :)
http://www.haslo.ch/permalink_724~ger
bin gespannt auf marrs antwort. seine befragungsvorlesung jedenfalls war lehrreich und unterhaltsam.
@Gris-Gris: Man darf sich manchmal auch fragen, ob die Art der Kritik an der Kritik nicht schon wieder fast die Kritik berechtigt erscheinen lässt – auf beiden Seiten. Bashing ist halt einfach nie so produktiv, auch wenn’s Spass macht (ich bin sicher, für die Radioleute war dieser Beitrag ein kathartisches Highlight oder so).
Weblogs als 90% Poesiealben zu betrachten, halte ich einerseits für stark verkürzt und andererseits: So what? Wir müssen ja nicht irgendetwas bestimmtes sein.
Gerade diese Erwartungshaltung ist es ja, welche in den Medienberichten zum Ausdruck kommt: Da erwarten einige Medienmenschen offenbar von Blogs irgendwas ganz bestimmtes und sind enttäuscht, dass sie es nicht finden (mangels Recherche, behaupte ich jetzt mal; es gibt nun ja wirklich genügend Weblogs zu allen möglichen Themen, Religionen, politischen Einstellungen und sonstigen Eigenheiten des Homo Sapiens). Oder sie bauen sich einen Strohmann auf und lassen den dann munter unter den Argumenten zusammenklappen. Beides ist IMHO Ausdruck von Unwissenheit und/oder einem Gefühl der Bedrohung durch “diese Blogger”. Dass es auch anders geht, zeigen viele der etablierten Medien. Allerdings ist es halt wohl bei vielen so, dass die Blogs nach irgenwelchen Kriterien bewertet und ein- bzw. abgeurteilt werden.
@patrice: Ich bin einfach die IDs bis 10 durchgegangen. Aber nach http://blog.drs.ch/index.php?blogId=2 (eben der Wissensblog) war dann tatsächlich bereits Schluss. Ã?”brigens scheint das auf http://lifetype.net/ zu laufen, von dem Anbieter hab ich noch nie gehört (oder kann mich zumindest nicht erinnern). Ah, stimmt… hier hatte ich bereits einen in der Liste. Jetzt sind’s also drei.
@reidan: Obwohl es im Radiobeitrag so klingt als hätte er auch Zahlen zur CH, sagt er auf Anfrage, dass er keine habe. Vielleicht habe ich das also falsch aufgefasst.
@Matthias: Wie, keine Zahlen zur Schweiz? Von was hat der gute Herr denn da im Interview gesprochen? Hat DRS3 gar einen Beitrag zur deutschen Blogosphäre gemacht? Oder wie? Oder was? Hmmm…
11 Trackbacks/Pingbacks
[…] Na gut, um es etwas zu relativieren: ich werde als Hobby Poet bezeichnet. War ich in diesem Moment das schlecht-beste Beispiel zu zeigen, dass Weblogs nur ein Trend sein sollen? Ich musste es zuerst an andern Orten (hier, hier, hier, hier) lesen, dass ich zitiert wurde. Keine Anfrage von Radio DRS habe ich bekommen, mein Text wurde einfach so zitiert. […]
Swiss Blogosphere: potztausend – das dreht und dreht sich immer nur im Kreis!
Zum Drahdiwaberl (Backet auf, ihr Zuckerbäcker! – von hier)PS zur kafer-Source: a link recycled. Somewhere bizarre and imported as kafer2 from ashleyb who imported it (via link) from here. Now all in a new window!
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DRS 3 über Blogs
Im DRS 3 Magazin wurde heute vormittag über Blogs berichtet. Dabei wurden die Fragen in den Raum gestellt, ob es Weblogs braucht und ob man sie kennen muss. Zuerst wurde ein Post von purzelbaum vorgelesen. Dieser schien der Redaktion wahrscheinlich am…
DRS3 über Weblogs
Das Buureradio DRS3 berichtete heute vormittag über Weblogs und fragte “darf man auch Blogs ignorieren und bloglos glücklich werden?”.
Selbstverständlich darf man Blogs ignorieren und bloglos glücklich werden, genau so wie man ohne iP…
[…] Patrices Weblog – DRS Weblog: Im Radio lästert DRS über Weblogs ab. Dann entdeckt Matthias das SR DRS Weblog. Und ich muss sagen, das ist sogar unterhaltsam und beglückt nun meinen Feedreader mit seinen Beiträgen. Angesiedelt direkt unter dem Runden Leder.
DRS3 berichtet Schwachsinn über Blogs
Heute wurde auf dem Radiosender DRS3 über Weblogs berichtet. Für diesen Beitrag wurde wohl nur sehr oberflächlich recherchiert, denn der Inhalt des Beitrags ist ziemlicher Schwachsinn.
Zuerst sollte man sich vielleicht den Beitrag mal anhören. DR…
[…] The Blog.ch.Blog Swiss Metablog Home | Archiv | Forum | Submit your blog | About | Resources | Directory | Map | Blog « DRS3 ist halt auch ein Buureradio! oder: Abrotzen über Weblogs, Folge 938 […]
Irgendwann heute erscheint auf Radio Sunshine ein Beitrag über Blogs.
[…]
Aber dafür geht es, anders als beim Staatsradio, nicht um Blog-Bashing, sondern tatsächlich darum, Nicht-BloggerInnen möglichst allgemeinverständlich über Blogs zu informieren.
DRS3-Beitrag bringt Blogger zum Kochen (aber nicht zum Verdampfen)
Nüchternes Berichten bei Markus Baumi, Stutzen bei Polis, Empörung bei think eMeidi, Spott bei Benkö, Beleidigungen bei infamy: Diese und einige andere Muster der verdampfenden selbstverliebten Tagebuchschreiber Schweizer Blogosphär…
Mail an DRS 3
Vor drei Wochen nannte mich DRS 3 Hobbypoet. Nun, ich habe jetzt einmal eine freundliche Mail geschrieben und bat um Stellungnahme:
Vor genau drei Wochen gab es in der schweizer Blog Szene eine Aufruhr. DRS 3 hatte zu diesem Zeitpunkt ein Beitrag über…
Radio DRS hat sich gemeldet
Radio DRS hat sich auf meine E-Mail gemeldet. Heute rief mich eine nette Dame vom Schweizer Radio DRS an. Ein 10 minütiges Gespräch folgte. Es dauerte darum so lange, weil die Juristen bei Radio DRS sich mit meinem Fall befassten. Ich redete mir ihr …