Für ein Gespräch mit Josef Trappel habe ich eine kleine Linksammlung und etwas über unser Verhältnis zu den Medien zusammengestellt. Ich habe die Fragen per E-Mail bekommen, sie stimmen also nicht 100% (aber doch weitgehend) damit überein, was wir gestern besprochen haben.
Wer sind die politischen Blogger in der Schweiz?
Für mich gibt es hier verschiedene Kategorien:
- Nicht-PolitikerInnen, die gelegentlich über Politik schreiben
- Wahlkampf- und PropagandaBlogs von PolitikerInnen
- Von PolitikerInnen betriebene Blogs, die nicht nur Wahlkampf betreiben, sondern sich mit vielen politischen Themen auseinandersetzen
- Parteien-Blogs
- Nicht-PolitikerInnen, die hauptsächlich oder ausschliesslich politisch bloggen
- Zeitungen, die politisch motivierte Blogs betreiben
Nicht-PolitikerInnen, die gelegentlich über Politik schreiben
Davon gibt es unzählige. Eine kurze Auswahl, Reihenfolge zufällig. Wo möglich, verweise ich direkt in die betreffende Kategorie.
- indy
- andare, Zürich
- random democratic parallax, Bern
- haslo, Bern
- Ludovic Monnerat
- dho’s blog
- litart
- SwissBlog
- Polis
- dorftrottel
- Sonews
- wision
- thinkabout
- Stephanie Booth, Lausanne
Wahlkampf- und PropagandaBlogs von PolitikerInnen
- Evi Allemann, SP Bern
- Dominique Feuillet, SP Zürich
- Helen Leumann, FDP Luzern
- Alec von Graffenried, Grüne Bern
Von PolitikerInnen betriebene Blogs, die nicht bloss Wahlkampf betreiben, sondern sich mit vielen politischen Themen auseinandersetzen
- Esther Brunner, SP Zürich
- Forum freisinniger Frauen, FDP St.Gallen
Parteien-Blogs
- Une nouvelle constitution pour Geneve
- Junge Grüne, Zürich
- Grüne, Kanton Zürich
- Zürcher Offensive Frauen gegen Rechts
- Freiheitspartei Schweiz, Bern
- Jungsozialisten Oberwallis
Nicht-PolitikerInnen, die hauptsächlich oder ausschliesslich politisch bloggen
- Christian Schenkel
- CH-Libre
- Magazin gegen Ignoranz im Alltag
- Liberatus, anonymer Blog
Zeitungen, die politisch motivierte Blogs betreiben: u.a.
Welche politischen Blogs sind ernst zu nehmen?
Keine Ahnung! Ich bin weder Meinungsforscher noch Politologe, deshalb kann ich das nicht einschätzen. Aber ich persönlich finde die folgenden Blogs sehr lesenswert:
Meiner Meinung nach schreiben gerade diejenigen, die sich nicht nur mit Politik befassen, nicht Wahlkampf betreiben oder ihrer Partei dienen wollen, häufig interessanter und tiefgründiger als die doch recht polemischen Polit-Blogs. Meine sicher etwas zu banale Erklärung dafür ist, dass die GelegenheitspolitikbloggerInnen einen weiteren Horizont haben und nicht so ideologisch verbissen denken.
Hat sich die Bloggerszene selbst einen “Qualitätsleitfaden” o.ä. gegeben?
Natürlich gibt es unzählige Versuche. Die einen versuchen den Status Quo festzustellen, andere versuchen verbindliche moralisch-ethische Regeln aufzustellen. Aber Blogs sind nun mal ein sehr grosses Feld, deshalb sind solche Versuche zum Scheitern verurteilt. Bei den traditionellen Medien ist es ja nicht anders: NZZ, Okay, Schweizerzeit oder Hochparterre haben sicher nicht alle dieselben Qualitätskriterien.
Der kleinste gemeinsame Nenner bei Blogs ist wohl, dass es eine persönliche Stimme sein sollte, authentisch und ehrlich. Aber auch das wird durch die neu aufkommenden kommerziellen Marketing-Blogs, wie sie z.B. von Gawker betrieben werden, unterlaufen.
Wie beurteilen Sie das Verhältnis Blogs und Massenmedien (Austausch, Konkurrenz)?
Was die Konkurrenz betrifft, gibt es kaum Schweizer Blogger mit dem USA-typischen Sendungsbewusstsein bzgl. “fünfte Macht im Staat”. Aber wir merken, dass wir von den Medien beobachtet werden, und ärgern uns häufig über die tendenziöse und sachlich falsche Berichterstattung über Blogs. Es gibt kaum einen Medienbericht, der nicht Interviewpartner falsch zitiert, ungefragt Texte aus Blogs kopiert, Blogs skandalisiert, oder schlicht und einfach schlecht recherchiert ist.
Schweizer Journalisten, die ja momentan in einer schwierigen Situation stecken, sehen uns offenbar klar als Konkurrenz an. Sie stehen Blogs häufig auch etwas hilflos gegenüber; sie wissen nicht so recht, was das ist und wie sie damit umgehen sollen. Blogs sind dann für sie erst einmal eine andere Form des Journalismus. Dies wohl auch, weil sie den aus den USA stammenden Begriff des “citizen journalism” ohne viel nachzufragen übernehmen. Das führt dann zu zwei unterschiedlichen Abwehr-Reflexen, die von den Journalisten in ihre Berichterstattung getragen werden: In der Romandie werden Blogs häufig als Bedrohung für die Jugend porträtiert, der pädagogische Zeigefinger wird aktiviert und es werden Verbote verlangt. In der Deutschschweiz hingegen wird die Massenwirkung von Blogs bezweifelt und die journalistische Qualität belächelt.
Schweizer Blogger benutzen die Massenmedien aktiv als Nachrichtenquellen. Da wir aber wie alle Internetbenutzer problemlosen Zugriff auf international News haben, sind die schweizer Medien nicht unbedingt zentral, auch wenn häufig auf sie verlinkt wird. Umgekehrt holen sich auch die Massenmedien gelegentlich Anregungen und Infos aus den Blogs, aber wohl in viel geringerem Umfang; hier in der Schweiz sind das v.a. Zitate zu Artikeln über Blogs.
Gibt es in CH – wie in US – kommerzielle Blogs?
Ich kenne nur die Family Art von jeanrichard, diese Familie lebt vom Blog als Kunstwerk.
Was halten Sie von Unternehmens-/Konzern-Blogs? Widerspruch in sich?
Nein, das ist kein Widerspruch in sich. Die Frage ist nur, wie man sowas anpackt. Und ob die Blogger dann auch das nötige Durchhaltevermögen haben. Dasselbe gilt natürlich auch für politische Blogs.
Mehr als ich wissen dazu sicher die Business Blogger, z.B. diese hier:
- bitflux
- Münstergass Buchhandlung
- infobulles
- Kinderkrippe Märchenmond
- velocité
- antonio lopez music productions
Korrekturen und Ergänzungen sind wie immer willkommen!
8 Comments
Wir fühlen uns sehr geehrt!
Es gibt durchaus Journalisten welche keine der oben genannten Vorurteile pflegen, die Zitate korrekt widergeben und sich auch nicht vor der Blogsphäre fürchten wie uns Barnaby Skinner von news.ch in diesem Artikel zeigt.
Danke für die gelungene Schweizer-Polit-Blogsphären-Ã?”bersicht.
Sandro, ich weiss ja wie bauchpinselnd es ist, wenn man sich in der Zeitung wiederfindet. Aber Barnaby Skinner hat auch diesen fehlerhaften Artikel geschrieben (siehe auch hier). Es ist noch ein weiter Weg…
Also so arg fehlerhaft ist der Artikel ja nicht, es fehlen ein zwei Blogs, da finde ich solches viel schlimmer. Da versucht die “Alte-Presse” einem richtiggehend Agst vor Weblogs zu machen…
Ist mir btw grad aufgefallen, dass kaffiundzigi.com in deiner Auflistung noch fehlt.
In welche Kategorie würde kaffiundzigi gehören?
Ich würde kaffiundzigi.com in die Kategorie der Nicht-Politiker welche gelegentlich über politisches bloggen einteilen. Gruss Sandro