Skip to content

Kampf-Blogger in der NZZ

Also einerseits ist der NZZ-Artikel über die Kampf-Blogger, die ideologisch verblendeten Blogger, die sich gegenseitig mit Verschwörungstheorien und Gräuelmärchen über die Islamistische Weltverschwörung* zu übertrumpfen versuchen, schon sehr interessant und lesenswert. Die Verbohrtheit dieser Blogger ist mir auch schon oft aufgefallen. Und wie auswechselbar deren Feindbild ist: Egal ob Islam, Kindererziehung oder Krieg im Irak – die Sprache ist immer dieselbe, das Schwarz-Weiss Denken immer dasselbe, und dass sie selbst grundsätzlich immer Recht haben, sowieso.

Andererseits kann man gerade deswegen einen derartigen Artikel eigentlich über jedes beliebige Reiz-Thema schreiben: Irgendwo werden sich immer ein paar verrückten Hühner Blogger im Internet finden, die irgendwelche Extrempositionen vertreten und ihre verbohrte Haltung im Netz ausbreiten müssen.

Und deshalb finde ich solche Zeitungs-Artikel auch nicht besonders beeindruckend. Denn die Recherchen-Tiefe ist in der Regel doch eher bescheiden: Man grast die zum Thema einschlägig bekannten Sites ab, copy/pasted einige süffige Zitate, versieht das Ganze mit etwas Fülltext – voila! Wieder ein paar Zeilen gefüllt! Und das alles bequem vom Bürostuhl aus, idealerweise ohne ein Telefon in die Hand nehmen zu müssen oder gar jemanden persönlich zu befragen. Geschweige denn, sich länger mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Und das ist mir dann doch etwas zu billig. Für solchen Google-Journalismus brauchen wir keine Journalisten. Das können wir auch selber, und zwar besser. Weil wir das Medium Blog besser kennen, die Blogszene besser kennen, und deshalb sehr viel mehr über das Thema in Erfahrung bringen können als der Journalist Heribert Seifert – der ja leider schon andere recht uninformierte Artikel über Blogs abgeliefert hat.

* jedwede Ähnlichkeit mit den unsäglichen Hetzschriften gegen die angebliche Jüdische Weltverschwörung haben sich die Betroffenen selbst zuzuschreiben.

3 Comments

  1. rafael wrote:

    Ich hab den oben erwähnten Artikel kurz überflogen und bin auf einen ähnlichen Schluss gekommen, wie du. Tatsächlich scheint die Tiefe nicht gerade das zu sein, was die JournalistInnen im Moment zustande bringen. Ich bin prinzipiell ein Kritiker des Monopoljournalismus. Über Reuters und Murdoch gelangen News in die Kanäle der hiesigen Journalisten nud werden weiterverarbeitet, hat was ähnlich mit ner Kuh.

    Die schweizer Zeitungen nehmen mehr und mehr aus dem Netz in ihre Printausgaben und realisieren oft nicht, welche Positionen sie damit verbreitern. Es ergibt sich in meinen Augen eine oft sehr undiffernzierte Berichterstattung. Das finde ich schade.

    Thursday, May 10, 2007 at 00:49 | Permalink
  2. Gris-Gris wrote:

    Heribert und die Propaganda. Man sollte ihn dazu verknurren, eine Woche lang arabisches (insbesondere iranisches) Kinderfernsehen zu schauen. Das besteht fast ausschliesslich nur aus Trickfilmen und Spielszenen, in denen den Kleinen erklärt wird, warum es schön ist, sich im Kampf gegen “den Zionismus” aufzuopfern.

    So entstehen (ideologische) Welten in Kinderköpfchen: Dort träumt man von der eigenen AK-47, hier von einem reinen Internet, wo nur noch Gadgets verbloggt werden, wenn immer möglich von HSG-Absolventen.

    Apropos “Griff zum Telefon”: Auch von der Swisscom gesponserte Einträge sollten als solche gekennzeichnet werde, Herr Matthias.

    PS: http://www.kein-plan.de/bitte-ziehen-sie-durch/pics/Irakkrieg_-_Iraqi_child_holds_AK-47_rifle_in_front_of_Information_ministery_in_Baghdad_2003-03-29.jpg …. noch ein Bild zur allgemeinen propagandistischen Verwirrung

    Thursday, May 10, 2007 at 12:57 | Permalink
  3. Matthias wrote:

    @rafael: Mich nervt vor allem die Oberflächlichkeit der NZZ-Artikel über Blogs, aber sonst finde ich die NZZ eigentlich ganz OK und habe nicht den Eindruck von “Monopoljournalismus”. Aber es stimmt schon, man bedient sich etwas zu schnell im Internet; geht halt einfach, kostet nicht viel, und irgendwie trendy ist man damit auch.

    @Gris-Gris, hier geht’s nicht um Kinderfernsehen sondern darum, wie gut oder schlecht die alten Medien recherchieren, wenn sie über Blogs schreiben.

    Friday, May 11, 2007 at 13:52 | Permalink