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ich bekomme den Eindruck, hier wurde nicht ergebnisoffen recherchiert

Denn so sehr ich mich über den Artikel an sich freue, wie schon am Mittwoch betont, liest er sich doch etwas schal. Nein, richtig falsch ist nichts, aber ich bekomme den Eindruck, hier wurde nicht ergebnisoffen recherchiert, sondern mit einem Anfangsverdacht, der sich dann leider nicht bestätigt hat, und dann konnte man wenigstens noch schreiben, dass es nicht einfach ist, hurra, das wäre ja auch wirklich schlimm, wenn es das wäre.

Schreibt Peter Hogenkamp über den Artikel in der Sonntagszeitung.

Hey, welcome to the club! Wenn ich Interviews gebe, habe ich oft den Eindruck der Text sei praktisch schon geschrieben. Ich werde dann nur noch angefragt, damit man mir die gewünschten Zitate in den Mund legen kann.

Und wenn man nicht liefert, was sie erwarten, schreiben sie halt irgendwas. Wirklich interessiert, etwas neues zu erfahren, sind die Journis selten – dafür reicht die Zeit einfach nicht, schliesslich muss der Artikel raus.

Andere Blogger haben in den letzten Jahren ähnliche Erfahrungen gemacht.

Andererseits funktioniert das bei uns Bloggern häufig auch nicht anders. Peter: Man gewöhnt sich dran :-).

4 Comments

  1. Krusenstern wrote:

    Das nennt man Thesenjournalismus und hat mit dem ersten Wortteil sehr viel, mit dem zweiten meist leider herzlich wenig zu tun. Und ich erinnere mich gut an das Zitat eines bekannten Chefredaktors, auch wenn es bald 14 Jahre her ist: “Warum soll ich mir eine gute Story durch die Fakten kaputt machen lassen!”

    Aus meiner Sicht als Nichtbetroffener gehört dieser Text aber nur am Rande zur oben genannten Gattung. Ich denke mir, (und Dein früherer Beitrag über das “schnelle” Telefon unterwegs auf der Autobahn würde dies bestätigen) der Journalist hatte einfach zu wenig Zeit für die Recherchen. Das ist mit wenigen Ausnahmen wie der NZZ heute systemimmanent. Um es pointiert zu formulieren: Der Journalismus wurde von den Verlagen in den letzten Jahren kaputt gespart.

    Du hast aber das Recht, die Geschichte mit Deinen Zitaten vor der Publikation zu lesen und notfalls korrigierend einzugreifen (was falsche Zitate oder offensichtliche Fehler betrifft, die Interpretation musst Du den Journalisten überlassen). Und ich persönlich nutze immer die Möglichkeit, die (mir!) wichtigsten Zitate vor (!) dem Interview genau zu formulieren und in einem Factsheet zusammen mit den wichtigsten Zahlen dem Journalisten in die Hand zu drücken.

    Jürg

    Sunday, August 20, 2006 at 14:41 | Permalink
  2. Ivo wrote:

    Ja habe auch so meine Erfahrungen (http://ibaettig.kermitter.com/journal/?k=61,1144) mit der Sonntagszeitung und dem Thema Blog gemacht. Wurde im Geschäft auf meine Vollzeitblog-Aktivitäten aufmerksam gemacht. Nein, der Chef war nicht böse ;-) Obwohl ich vielleicht alle paar Tage einmal etwas Zeit investiere (primär um Gelesenes für mich selbst festzuhalten), wurde in einem Artikel zur Blogosphäre mein Blog unter “Vollzeitblogger” gelistet. In der Einleitung zum Blog steht eigentlich was ich mache… – hat mir irgendwie auch gezeigt wie tief die Recherchen da teilweise gehen. Mache trotzdem weiter :-)

    Monday, August 21, 2006 at 22:13 | Permalink
  3. Andrea wrote:

    Immer die bösen Journis. Zum Glück gibt es sie noch, sonst würde alles kritiklos im Raum stehen gelassen.

    Tuesday, August 22, 2006 at 08:33 | Permalink
  4. Krusenstern wrote:

    Es gibt keine “bösen Journalisten”, zumindest in meinem Weltbild nicht. Aber es gibt Verlage, welche Ihre Medien kaputt sparen und Chefredaktionen, welche Thesenjournalismus fordern. Diese beiden Faktoren führen einzeln oder im schlimmsten Fall zusammen zwangsläufig zu nachlässig geführten Recherchen und entsprechenden Artikeln.

    Dass es in diesem Fall Blogger betrifft, ist meines Erachtens sekundär. Ich wehre mich nämlich grundsätzlich gegen den immer wieder heraufbeschworenen Zwist zwischen Journalisten und Bloggern.

    Jürg

    Tuesday, August 22, 2006 at 10:35 | Permalink