Vor einigen Tagen hat die medienpraxis mich freundlicherweise eingeladen, an der Ethik-Diskussion im Wiki teilzunehmen. Leider hatte ich aufgrund meines Arbeitspensums keine Zeit, aktiv teilzunehmen, und habe deshalb gelegentlich (und mit wachsendem Erstaunen) beobachtet, wie sich die Sache entwickelt. Hier ein paar Gedanken zum aktuellen Stand der Dinge.
- Ich fand es etwas merkwürdig, wie uninformiert (man kann es auch unvoreingenommen nennen, kommt aufs gleiche raus) an die Sache herangegangen wurde. Die Ethik-Diskussion läuft immerhin bereits seit Jahren. Auch Meta-Diskussionen um Sinn, Unsinn, Nutzen und Zweck solcher Diskussionen bzw. der daraus resultierenden Richtlinien sind beileibe nicht neu. Aber in den beteiligten Blogs wurde so darüber geschrieben, als sei das eine brandneue Sache; offenbar hatte sich niemand über die bisher erarbeiteten Resultate informiert. Gerade die Ethik-Meta-Diskussionen wären eine sehr lehrreiche Lektüre gewesen und hätten wohl den grössten Teil dieses Postings überflüssig gemacht.
Immerhin sind nach einiger Zeit im Wiki Hinweise auf Rebecca Bloods Standardwerk und auch einige andere massgeblichen Texte aufgetaucht. Immerhin.
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Es ist nett, zu so einer Diskussion persönlich eingeladen und mit extra special Logindaten versehen zu werden, die mir mehr Rechte geben als dem Normalblogger. Das schmeichelt dem Ego, man fühlt sich endlich in der Stratosphäre der A-List-Blogger etabliert.
Aber gleichzeitig ist dieses Vorgehen leider, leider, intransparent und elitär. Es kann doch nicht sein, dass ich und einige wenige handverlesene Mitblogger mehr Rechte haben als andere.
Es verwundert dann schon fast gar nicht mehr, dass einige Seiten nur mit dem extra special login lesbar sind: Punkt 3 und 4 im Projekt Blogethik – Menü führen den Normalblogger zu einem rüden Du bist nicht berechtigt, diese Seite zu lesen. Autsch.
Also, Leute: Blogs sind ein verteiltes Medium, in dem jeder und jede dieselben Rechte hat. Wenn die Blog-Ethik-Diskussion nicht nach diesen Spielregeln erfolgt, wird sie ad absurdum geführt. Und ich verzichte ich dankend und leichten Herzens auf eine Teilnahme.
- Ethik kann nicht in Listen erfasst werden! Regelwerke, wie sie im Wiki gerade entstehen, sind unbrauchbar. Katechismus nein danke.
Was es wirklich braucht -wenn überhaupt, diese Frage ist völlig offen- sind einfache, handfeste Leitplanken für das persönliche Bloggen. Letztendlich nichts weiter als der ganz normale gesunde Menschenver- und Anstand.
- Und man möge mir Zynismus vorwerfen, aber solche Diskussionen dienen erfahrungsgemäss vor allem dem Status und dem Technorati Linkrank.
OK, das war’s. Ich habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen. Trotzdem danke für’s zuhören.
27 Comments
Jede Bloggerin und jeder Blogger kann im Wiki mitarbeiten. Die beteiligten Blogger haben in ihren eigenen Blogs darauf hingewiesen.
Ã?”ber einen Codex selbst nachzudenken und nicht einfach etwas abzuschreiben, finde ich gar nicht so schlecht. Schliesslich tun wir nichts anderes, als über unser Tun als Blogger nachzudenken und unsere Erwartungshaltungen auszutauschen.
Du kannst sagen, das ganze interessiert mich einen deut, uns aber zu unterstellen, wir seien auf eine hohe Technorati-Linkrate aus, finde ich etwas … schade.
Soll doch jeder sein Ding durchziehen. Matthias darf frei entscheiden ob er mitmacht oder nicht! Und die anderen Blogger dürfen das genausofrei!
Was die Top100 angeht denke ich dass wir alle ein bisserl verunsichert sind deswegen. Man vermutet hinter jeder Aktion nur noch Links für Technorati! Der LeuMund Wahlblog wird als mein dritter Blog auch sofort in die Top20 raufkommen, sobald er 14 Tage alt ist! Das sind die Regeln, danach ist alles frei!
Und das sollten wir akzeptieren und zusammenhalten. Meint Ihr eigentlich immer noch es nehme uns irgendjemand war? Da draussen? Es liest jemand ohne Blog mit?
@Christian
– Wozu dann das doppelte Login, eines mit Normalrechten und eines mit Sonderrechten?
– Ich sage nichts von abschreiben; mir geht es vielmehr darum, dass man sich über den aktuellen Erkenntnisstand informiert und auf dessen Grundlage weiter arbeitet. Dann erfindet man auch nicht dauernd das Rad neu.
– Mich interessiert die Sache, sonst hätte ich wohl kaum einen recht umfangreichen Beitrag geschrieben.
– Dass es der Technorati-Linkrate nützt, ist eine Tatsache; dass es eine Unterstellung sei, Deine Interpretation.
@leu, ich hab’s schon ein Mal gesagt: Wahlwerbung in diesem Blog ist unerwünscht und wird deshalb gelöscht. Bin ziemlich enttäuscht, dass Du Dich nicht an diese einfache Regel halten willst.
Moment, das war jetzt etwas unfair. Dein Link ist wieder drin. Aber das nächste Mal biste draussen.
Meiner Meinung nach wären mehr Diskussionen über Blog-Ethik durchaus wünschenswert. Unter Beteiligung ALLER, die dazu auch Substanzielles beitragen wollen, im konstruktiven Sinn. Blogs leben davon, dass sie jedem offenstehen und einfach zu betreiben sind – und dass sie daher in der Summe auch einen Querschnitt durch den Durchschnitt offenlegen. Was man aber zur Güte beitragen kann, ist genau die formelle Seite, genau so, wie es eine Netiquette fürs Netz an sich gibt, so sollte es Regeln für Blogs geben. – Und daneben gerne mehr Blogger, die nicht die Hälfte ihrer Energie auf neue Verlinkungen verwenden, sondern auf Inhalte. Sie haben dann vielleicht weniger Leser, aber die kommen vielleicht immer wieder – und nichts ist schöner.
Die Linkstatitstik von Technorati ist wohl in etwas so zuverlässig wie so mancher Web-counter. Insofern ist für mich jede solche Ranking-List schlicht eine Gelegenheit, neue Trouvaillen zu finden. Und da beginne ich schon mal bei Position 100 statt bei 1.
Liebe Grüsse und danke, dass es blog.ch gibt.
Thinkabout
@Matthias
Zu Technorati: Meine Idee des Internets war es immer, dass es eine Medium sein sollte, das jenseits der verfestigten Machtstrukturen der offline Welt erlaubt, einen gleichwertigen Informationsaustausch zu pflegen, ohne Hierarchien, ohne Kontrollinstanzen, ohne Zensur. Je mehr ich aber die sogenannte Blogsphäre beobachte, merke ich, dass es um die gleichen Machtspielchen geht wie in der offline Welt. Die Veröffentlichung einer Rangliste der «Swiss Top 100 Blogs» – war in mehreren Blogs nachzulesen – ist für mich – sorry jetzt werde ich respektlos – Ausdruck eines kindlichen Denkens Ã? la «ich bin auf Platz 98 und, ätsch, du nur auf Platz 99». In die gleiche Kategorie gehört das Zitiert-Werden in den Zeitungen. Wenn mich eine Zeitung zitiert, und es auch noch im richtigen Kontext tut, dann habe ich Freude, that’s it. Ich gewichte das aber nicht übermässig.
Verstehe mich nicht falsch, ich bin nicht gegen Wettbewerb, ganz im Gegenteil: ich bin für einen Wettbewerb der Informationen, Ideen, Gründe und Gefühle. Und ich bin schon zufrieden, wenn mir eine Person mit einer nützlichen Information weiterhelfen kann. Mit Technorati scheint es mir im Wettbewerb aber darum zu gehen, wer sich am raffiniertesten verlinkt.
Weil ich nach wie vor ans Internet als Möglichkeit einer basisdemokratischen Bewegung glaube, war und bin ich motiviert an einem Projekt zur Formulierung eines Blog-Codex mitzuwirken.
Zum Wiki: Mag sein, dass das Projekt im Rausch der Idee etwas überstürzt angegangen wurde. Ich bin jederzeit für eine Diskussion offen, wie man das transparenter aufgleisen kann. Tatsache aber ist, dass medienpraxis.ch (vgl. «Wer wird gleich die Machtfrage stellen?») aufgrund unseres öffentlichen Brainstormings unschöne Mails bekommen hat. Tatsache ist auch, dass jede Bloggerin und jeder Blogger, die/der an der Diskussion teilnehmen möchte, ohne Probleme die Login-Daten anfordern kann. Ich möchte noch anmerken, dass ich mit medienpraxis.ch keinen anderen Austausch pflege, als er im Wiki dokumentiert ist.
Blog-Codex: Wie du dem aktuellen Stand der Diskussion entnehmen kannst (vgl. «Entwurfsvariante 2») haben wir unsere Ansprüche stark nach unten geschraubt. Wir reden also von einem Codex, dem sich jeder freiwillig anschliessen kann. Wenn dich die Sache wirklich interessiert, würde ich mich über einen konstruktiven Beitrag deinerseits freuen.
@Christian,
man sollte diese Technoratik-Rankings nicht so ernst nehmen, dass man sich sogar darüber aufregt. Das ist nur Unterhaltung. Rankings werd erst wichtig, wenn es etwas zu verlieren gibt: Wenn die Kommerz- bzw. Politblogger einfahren und sich gegenseitig Werbegelder bzw. Stimm
viehvolk abjagen wollen. Und um die Kurve zur Ethiksache zu machen: Ich bin sicher, dass sich weder Kommerz- noch Politblogger über Lippenbekenntnisse hinaus um irgendwelche Ethik-Codici (?) kümmern werden.Basisdemokratie mit Sonderrechten kommt mir irgendwie paradox vor. Unschöne Mails sind zwar ärgerlich, aber auch normal. Und es erklärt noch nicht, weshalb es Sonderrechte für Moderatoren gibt; diese Sonderrechte gab es ja schon bei der Einladung und nicht erst nach den Mails.
Was das bloggen angeht, habe ich für mich persönlich nur eine einzige Regel: Schreib was du willst, und trag die Konsequenzen.
Da meine Antwort etwas lang geworden ist, habe ich sie im eigenen Blog abgelegt:
http://medienpraxis.ch/2005/08/06/antwort/
Argh, funktionieren Trackbacks bei mir immer noch nicht?
Sorry, ich habs nicht zustande gebracht…
@Matthias
Dennoch glaube ich, dass dieses Ranglisten- und Technorati-Denken Ausdruck eines Hierarchiedenkens ist, das ich in der Blogsphäre überflüssig finde.
Betreffend Basisdemokratie und Sonderrechte, denke ich, dass wir eingesehen haben, nicht optimal vorgegangen zu sein. Bessere Vorgehensvorschläge sind also gefragt.
Ich finde gut, wenn du für dich persönliche eine Regel hast. Noch besser finde ich, dass du diese explizit zum Ausrdruck bringst. Mit einem allgemeinen Codex, dem ich mich anschliesse, kann ich ganz einfach offenlegen, was andere Blogger von mir erwarten dürfen.
Codex-Diskussion verursacht Tellergeklapper
Tellergeklapper aus dem Hintergrund und Kritik an den Spielregeln. Ein Blog-Katechismus?
trackback funktioniert bei mir auch nicht.
Du und Ethik? Die beginnt damit, dass man jedem seine eigene Freiheit lässt. Kannst Du scheinbar am Beispiel Leu nicht. Also quarke doch nicht so unethisch rum…
Aha! Selber denken ist nicht erlaubt. Man hätte nur bei Google nachschauen müssen. Interessant!
@ster
Polemisch sind immer nur die andern, das ist klar :-).
Beim Nicht-Link auf die medienpraxis war keine weitere Ã?”berlegung dahinter als diejenige, dass ich ja nicht auf das E-Mail verlinken kann. Mein Fehler. Aber dass es Dich so wurmt, dass Du es extra erwähnst, wundert mich dann schon wenn doch das Ranking so unwichtig sein soll; da scheint mir die Logik irgendwie durcheinandergekommen.
Den anderen Punkten habe ich nichts hinzuzufügen, ausser vielleicht dass ich diese Ethik-Sache nicht so bierernst ansehen kann wie das vielleicht erwartet würde.
@Christian Schenkel
ich kann mich nur wiederholen: Diese Rangliste ist nur so wichtig, wie man sie nimmt. Oder willst Du diesbezüglich die Machtfrage stellen ;-). Und meine persönliche Regel ist kein Codex und auch nirgendwo im Blog prominent publiziert, weil es nicht um den Buchstaben geht sondern um den Geist.
@Maya
Ich bin wohl etwas begriffstutzig heute Abend, was meinst Du damit genau?
@meckermann
Ich habe Christian Leu mehrmals aufgefordert, seinen Spam nicht in meinem Blog zu hinterlassen. Er hat sich nicht dran gehalten, das hat mich geärgert, und ich habe heute einen seiner Links gelöscht, nach fünf Minuten aber wieder aktiviert. Spam wird gelöscht, alles andere bleibt drin. Auch Deine Beschimpfungen :-).
@Matthias
Wir und ich haben unsere Haltung zum Ranking mehrfach geäussert. Dass das Ranking unwichtig sein soll, hast du von uns nicht gelesen. Wörtlich: “Blogstatistiken könnten wichtig sein, wenn sie aussagekräftiger wären.” Natürlich war die Bemerkung mit der Verlinkung spielerisch-polemisch gemeint, klar, gebe ich gerne zu. Ich habe die Liste insofern begrüsst, als ich auf diese Weise tatsächlich neue Blog kennengelernt habe. Abgesehen davon, kann ich mittlerweile die Gründe für deine Seitenhiebe nicht mehr verstehen. Weshalb diese Entwertung?
@ster, “Glaubst du, wir würden uns um diese wenigen Technorati-Treffer mit solchem Aufwand kümmern?” habe ich so gelesen, dass euch das eben nicht wichtig sei. Hab ich wohl falsch verstanden. Was Du mit “Entwertung” meinst, ist mir schleierhaft.
Ja, die BlogEthik – vielleicht wird sie zur neuen Disziplin der Geisteswissenschaftler, die dann Geimatiker heissen werden..
Auch wenn jetzt unter dem Titel “Wer denn gleich die Machtfrage stellen” geht es um Macht, um Befehl auf der einen Seite und Gehorsam auf der andern…
Die “Schlösser” die den einzelnen Bereichen verpasst worden sind, machen ein Beobachten und Mitdiskutieren unmöglich.
Seit das Netz besteht, gibt es Menschen, die meinen, es müsse auch da Herren und Knecht geben –
It’s Motz-Time
Hauptsache ist, es wird gemotzt. Oder die Unerträglichkeit, über ein Thema zu diskutieren.
[Mehr:]
@ulp, danke für den manuellen Trackback, ist irgendwie viel persönlicher als das automatische Zeugs – vielleicht kann ich meine neue WP-Installation dann auch so zerschiessen, dass ich Trackbacks nicht mehr hinkriege :-).
Du schreibst:
Ich weiss ja nicht welche USA du meinst, aber diejenige die ich kenne (Mailinglisten, Usenet, Blogs) zofft sehr viel härter. Da sind wir nachgerade Waisenknaben. Egal: Mittlerweile geht es offenbar nicht mehr um das Thema, sondern darum, ob und wie es behandelt werden soll. Daran bin ich natürlich nicht ganz unschuldig.
Dass ihr aber im Wiki nicht weiter arbeitet, kann viele Gründe haben. Entweder interessiert es euch nicht mehr, oder ihr seid mit der Meta-Diskussion zu beschäftigt – oder es liegt ganz einfach am Wochenende, wo die Posting-Frequenz in Blogs traditionellerweise einiges niedriger als unter der Woche. Kann man auch in der kleinen Statistik auf der Startseite gut beobachten.
Was mir immer noch niemand erklärt hat: Wozu zwei verschiedene Logins nötig sind. Wikis sind ohnehin für viele Personen schon eine technische Herausforderung, und dass man für die wirklich interessanten Bereiche noch extra ein Login per E-Mail anfordern soll, macht die Sache nicht einfacher.
Und in einem Beitrag übers Motzen solltest du vielleicht weniger motzen :-).
@anaximander, wie Du siehst weisen die Beteiligten jeden Machtanspruch weit von sich. Damit ist diese Frage wohl endlich auch geklärt :-). Allerdings würde ich mir wünschen, dass solche Fragen etwas weniger überheblich geklärt werden, als das ulp getan hat.
Das mit dem Wiki hab ich im vorherigen Kommentar ja schon angesprochen.
Das mag ja sein, aber ich meine die USA aus dem persönlichen Erleben, also nicht den virtuellen Teil.
virtuell und face-to-face ist wie Äpfel und Birnen.
http://kblog.freeflux.net/blog/
“Ich kann mich zum grössten Teil der Antwort von medenpraxis.ch anschliessen, doch möchte seine Argumente selber kommentieren…”
Hey, pingback funktioniert ja!
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[…] logosphäre Filed under: General — Matthias @ 14:32 Nicht genug, dass wir über Ethik diskutieren (wenn dieser Trackback a […]
[…] tml” title=”category”> [ Blogging ] Das Thema wird zurzeit ja heiss gegessen. Hier d […]
[…] er!” Einerseits einfach witzig, andererseits natürlich auch ein Aspekt der ganzen Blog-Ethik-Diskussion. via larixconsulting […]